FREIE UNIVERSITÄT
BERLIN
Abteilung Slavistik
Osteuropa-Institut
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Prof.Dr. Witold Kosny
Erstgutachten
zur Magisterhausarbeit im Fach Slavistik/Slavische Literaturwissenschaft
"Die Bediensteten
in Ivan Andreevic Krylovs Komödien" von Herrn Frank J a n k
o w s k i
Die vorliegende
Hausarbeit ist zumindest in dreifacher Hinsicht ungewöhnlich. Zum
ersten fällt sie durch den Inhalt auf, der außer dem wissenschaftlichen
Teil (dazu zähle ich den Haupttext' inkl. Bibliographie auf
den Seiten 1-108 sowie die Tabellen im Anhang, die über Aufführungen
von Krylov-Stücken informieren sowie Replikenstatistiken enthalten)
auch zwei eigene Komödienübersetzungen nebst Anmerkungen umfaßt.
Zum zweiten verzichtet der Verfasser auf eine an bestimmten Fragestellungen
orientierten Gliederung und zum dritten wird ein Stil benutzt, der ob
seiner Spontaneität und Burschikosität den üblichen Vorstellungen
vom wissenschaftlichen Ernst' zu widersprechen scheint.
Liest man sich erst einmal in die Arbeit ein, so stellt man nicht nur
fest, daß der Verfasser sich mit seiner Aufgabe sehr stark identifiziert
und seinen Spaß daran nicht verheimlicht; die Lektüre bringt
nicht selten intellektuelles Vergnügen und Einsichten, die durchaus
ernst zu nehmen sind. Der Verfasser begnügt sich mit einer knappen
Darstellung seiner methodischen Ansätze (Warnings Komödientypologie,
Maurachs Bedienstetenarbeit) und gibt einen kurzen Einblick in die nicht
systematisch erfaßte Forschungsliteratur zu Krylovs Dramatik und
den Bedienstetenrollen.
Die Hauptleistung der Arbeit besteht in dem textanalytischen Teil, in
dem die drei letzten Komödien, "Pirog", "Modnaja lavka"
und "Urok dockam", intensiv 'gelesen' und erklärt werden,
und zwar im Hinblick auf Darstellung und Funktion der Bediensteten.
Der Verfasser verfährt dabei richtig, wenn er nicht nur diesen Figuren
sein Augenmerk schenkt, sondern' auch ihren Relationen zu den anderen
Figuren der Stücke.
Seine Art der Darstellung macht es nicht immer leicht, das Gemeinte sofort
zu erkennen, aber es läßt sich trotz mancher Flapsigkeit im
Umgans mit Sachverhalten und Wörtern feststellen, daß der Verfasser
zwar selten über Methode redet, aber sie doch meistens hat.
Es gelingt ihm der Nachweis, daß in den drei behandelten Stücken
in je verschiedener Weise und Intensität die Bediensteten die wichtigsten
Figuren in der dramatischen Struktur sind. Trotz mancher Spitzfindigkeiten
und Abschweifungen zeigt die Arbeit, daß Herr Jankowski mit literarischen
Texten auf wissenschaftlicher Basis umgehen kann und über einen anderen
Weg als üblich zu Beobachtungen und Ergebnissen kommt, die es erlauben,
die vorliegende Magisterarbeit gerade noch mit
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zu
bewerten.
13. Mai 1993
Witold Kosny
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